Admin User
2 Min.
Ein geschmückter Weihnachtsbaum mit Statuen von Menschen auf einem Tisch darunter.

Die Wahrheit

Die Wahrheit

Allgegenwärtig in Bayern: Vor Weihnachten ist das Gedicht „Heilige Nacht“ des noch immer populären Antisemiten Ludwig Thoma in Bayern nicht wegzudenken.

Ein Streit über das Erbe Ludwig Thomass ist in München neu entbrannt, nachdem der Oberbürgermeister sich gegen die Umbenennung einer Straße ausgesprochen hat, die den umstrittenen Schriftsteller ehrt. Trotz seiner bekannt antisemitischen Werke bleibt Thoma in Bayern eine gefeierte Persönlichkeit – Schulen und Straßen tragen weiterhin seinen Namen. Im Mittelpunkt der Diskussion steht sein Gedicht „Heilige Nacht“, ein fester Bestandteil der Weihnachtszeit, das in der Region nach wie vor aufgeführt und rezitiert wird.

Ludwig Thomass Gedicht „Heilige Nacht“ von 1905 ist ein fester Bestandteil der bayerischen Weihnachtstradition. In Dialekt verfasst, erzählt es humorvoll die Weihnachtsgeschichte nach und schildert die Mühen von Maria und Josef, in Bethlehem eine Herberge zu finden. Zeilen wie „Im Wald is so staad / Alle Weg san vawaht / Alle Weg san vaschniebn / Is koa Steigl net bliebn“ sind sofort erkennbar und werden häufig in Weihnachtsgottesdiensten gesungen.

Seit über 25 Jahren führt der Schauspieler Enrico de Paruta „Heilige Nacht“ mit großem Publikumszuspruch in München, Ingolstadt und Regensburg auf. Die anhaltende Beliebtheit des Gedichts steht in scharfem Kontrast zu Thomass antisemitischer Vergangenheit, die Kritiker als Grund ansehen, ihn nicht länger öffentlich zu ehren. Versuche, Straßen und Schulen, die nach Thoma benannt sind, umzubenennen, stoßen auf starken Widerstand. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter lehnte kürzlich Forderungen ab, Thomass Namen von einer örtlichen Straße zu entfernen. Auch in anderen Teilen Bayerns scheiterten ähnliche Initiativen – bisher gab es keine dokumentierten Fälle einer erfolgreichen Umbenennung. Trotz wiederholter Kritik bleibt Thomass Platz in der bayerischen Kultur weitgehend unangetastet.

Die anhaltende Präsenz des Gedichts in den Weihnachtsfeierlichkeiten sorgt dafür, dass Thomass Werk im öffentlichen Bewusstsein bleibt. Ohne größere Veränderungen in der Politik oder der öffentlichen Meinung ist nicht zu erwarten, dass Straßen oder Einrichtungen, die seinen Namen tragen, in absehbarer Zeit umbenannt werden. Die Debatte zeigt jedoch die Spannung zwischen kultureller Tradition und der Auseinandersetzung mit historischen Vorurteilen.